Endlich bin ich dazu gekommen, mein Geschenk zu lesen:“Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit“ – so lautet der Titel einer Essaysammlung der Publizistin Carolin Emcke. Ich habe dieses Buch „in einem Rutsch“ gelesen und bin seitdem immer wieder in Gedanken bei der Arbeit der Friedenskommissionen in Simbabwe. Emckes Worte haben mir noch einmal mehr vor Augen gestellt, wie wichtig es ist, Opfern von Unrecht und Gewalt eine Stimme zu geben. Als größte Aufgabe dieser Friedenskommissionen erscheint mir in der Tat die „Re-Humanisierung durch Zeugenschaft“ (Geoffrey Hartman). Denn „in dem Schweigen der Opfer von Unrecht und Gewalt liegt die perfide Kunst solcher Verbrechen: seine eigenen Spuren zu verwischen (Emcke, S. 16). Und ja: „Wenn Opfer von Gewalt das, was ihnen widerfahren war, nicht erzählen könnten, würden Diktatoren und Folterer obsiegen“ (ebenda S. 17). Die Aufgabe derjenigen, die den Opfern Gehör verschaffen wollen, beinhaltet die hohe Kunst des Zuhörens, des „richtigen“ Fragens, des Aushaltens von Schweigen und des Erkennens der Wichtigkeit von vermeintlich banalen Sätzen.
Carolin Emcke geht Fragen nach wie (aus dem Klappentext): Gibt es Grenzen des Verstehens? Schwellen des Sagbaren? Welche Bedingungen muss eine gerechte Gesellschaft schaffen, damit die Opfer von Gewalt über das Erlittene sprechen können?
Auch wer nicht unmittelbar mit Opfern von Unrecht und Gewalt zu tun hat, sollte sich dennoch diesen Fragen stellen – ich kann dieses Buch nur allen wärmstens empfehlen:
Carolin Emcke, Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit, S.Fischer Verlag 2013, ISBN 978-3-10-017019-4