2. Samuel 11,3f:“ Und David sandte hin und ließ nach der Frau fragen und man sagte: Das ist doch Bathseba, die Tochter Eliams, die Frau Urias, des Hetiters. Und David sandte Boten hin und ließ sie holen. Und als sie zu ihm kam, wohnte er ihr bei.“

David, der Strahlemann, der Hirtenjunge, der zum König aufstieg. Was er sagte, war Gesetz. Also konnte er sich auch mal eben eine Frau nehmen, die er gesehen hatte und begehrte – so wie es Bathseba laut dem Samuelbuch erging. Die Strafe folgte auf dem Fuße wie wir wissen.

Viele Psalmen werden diesem David zugeschrieben. Noch heute stehen sie im ersten Testament. Bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, sie zu entfernen wegen des begangenen Ehebruchs und nach meinem Dafürhalten des Tatbestands der Vergewaltigung oder zumindest der sexuellen Nötigung.

20. Oktober 2020, Kitchener, Ontario (Kanada): Laut einer Pressemitteilung der Mennonite Church Eastern Canada (MCEC) ist John D. Rempel wegen sexuellem und pastoralem Fehlverhaltens während seiner Zeit zwischen 1973 und 1989 am Konrad Grebel College allen Aufgaben enthoben und verliert seine Ordinationsrechte auf Lebenszeit.

21. Oktober 2020, Harrisonburg, Virginia (USA): MennoMedia USA kündigt an, die Gesangbücher und Handbücher für PastorInnen, an denen J.D. Rempel mitgearbeitet hat, daraufhin durchforstet zu haben, ob dort Passagen stehen, die er alleine zu verantworten hat (um daraufhin wohl entfernt zu werden). Da aber alles in Teamarbeit geschah, müsse nun durchdacht werden, „wie zusätzliche Hilfe für Gemeinden geleistet werden kann bei Werken, die gemeinschaftlich entwickelt wurden“. Gleichzeitig wird versichert, dass alles, was J.D. Rempel an Übersetzungen etc. angefertigt hat, durch einen „extensiven Prozess“ von Durchsicht und Revision eines unabhängigen Kommitees gegangen sei.

„Anabaptist World“ (USA) erwähnt, dass J.D. Rempel einer der sechs mennonitischen Teilnehmenden am ökumenischen Dialog zwischen Mennonitischer Weltkonferenz, der Katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund von 2012 bis 2017 gewesen sei – da frage ich mich, ob die Dokumente  jetzt auch durchforstet werden müssen nach Textpassagen, die J.D. Rempel alleine zu verantworten hat.

Laut Anabaptist World antwortete J.D. Rempel auf Anfrage per Email:“ Ich weise einige der Anschuldigungen als nicht wahr ab und akzeptiere andere als richtige Statements meiner Übertretungen.“ Er schäme sich seiner Sünden und bat die Offiziellen inständig „sein fast 40 Jahre langes zölibatäres Leben zu berücksichtigen“ und drückte seinen Wunsch aus „Buße zu tun, Vergebung zu empfangen und Wiedergutmachung zu leisten“.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Fakt ist, dass die Ankläger sich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu John D. Rempel befunden haben. Das ist eine klare Übertretung seinerseits, einvernehmliche oder nicht einvernehmliche Handlungen oder Missbrauch hin oder her. Er hat sich schuldig gemacht, das dürfte unbestritten sein. Und er ist nach den Statuten seiner Kirche bestraft worden.

Ob es einen gemeinsamen Prozess zwischen Täter und Opfer im Sinne von Restaurative Justice, einer wiederherstellenden Gerechtigkeit, geben wird wie von J.D. Rempel erbeten, müssen die Opfer entscheiden.

22.Oktober 2020, Oehna, Brandenburg (Deutschland):

Ich bete für die Männer, die mit dem, was sie an Übergriffen erlebt haben müssen, nach so langer Zeit, reinen Tisch machen wollen: Ich wünsche ihnen Befreiung und Heilung.

Ich bete für die Verantwortlichen, dass sie die richtigen Worte und Entscheidungen getroffen haben und treffen mögen.

Ich bete für John D. Rempel, der als Täter gleichzeitig Opfer homophober Theologie ist.

Ich bete für die queere Community, dass ihnen aus Johns Vergehen kein Strick gedreht wird und sie nicht aufhören dafür zu kämpfen, sichtbar sein zu dürfen und als vollkommen gleichwertige Mitglieder in den Kirchen anerkannt zu werden.

Ich bete für die Mennoniten weltweit, dass wir mit unserer friedenskirchlichen Perspektive auf die Opfer die Täter nicht aus den Augen verlieren und dass wir uns der Erkenntnis der eigenen Täterschaft im Hinblick auf den Umgang mit LGBTI[1]-Menschen stellen.

Hinweis: Das Foto zeigt ein Werk des Künstlers Steffen Blunk, fotografiert von mir während der Ausstellung „Die Farben des Krieges“ in der NEUEN GALERIE in Wünsdorf/Waldstadt, Landkreis Teltow-Fläming.


[1] „LGBTI“ umfasst folgende Kategorisierungen von Menschen: Lesbian, gay, bisexual, transsexuel, intersexual