Die Stimmen in Deutschland werden lauter, den Artikel 3 Absatz 3 zu verändern, der da lautet:“(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Das Wort „Rasse“ soll gestrichen werden, so die Aufforderung. Zunächst einmal die Frage, warum dieses Wort überhaupt im Grundgesetz steht: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich 1949 mit diesem Wort ausdrücklich gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands gerichtet. Das sollte mensch wissen in der Diskussion um die Streichung. Der historische Kontext ist stets mitzubedenken bei Änderungsüberlegungen.

Ich begrüße die Überlegungen zur Änderung und sehe momentan zwei Möglichkeiten:

  1. Der Begriff „Rasse“ bleibt. Dann sollte es eine Fußnote geben, um den historischen Kontext zu erhellen.
  2. Der Begriff „Rasse“ wird ersatzlos gestrichen. Das wäre eine implizite Kehrwendung des Menschenbilds: Es gibt Menschen, die unterschiedlich aussehen – Punkt.

Nun könnte der/ die werte Leser*in bemerken, dass dies ja wohl ein Nebenschauplatz sei. Ich glaube nicht: Es geht stets um die geistige Voraussetzung und den Wertekatalog einer Gesellschaft. Dazu gehört in Deutschland eindeutig das Grundgesetz.

Im Neuen Testament heißt es: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn Ihr seid allesamt einer in Jesus Christus“ (Galater 3,28). Paulus wollte deutlich machen, dass Getaufte nicht mehr den „üblichen Unterscheidungen“ in der „Welt“ unterliegen: Die Differenzierung heilsgeschichtlicher, gesellschaftlicher und geschlechtlicher Art wurden damit bedeutungslos (J.Becker/U.Luz). Ich will weitergehen: Ich will mich nicht verabsentieren von „der Welt“, sondern verstehe den Auftrag Jesu an uns als „Salz der Erde“ dahingehend, dass ich mich mit den „üblichen Unterscheidungen“ nicht abfinden darf. Betrachte ich also in meinem theologischen und historischen Kontext den Satz aus dem Galaterbrief, so formuliere ich: „Hier ist nicht Schwarze/r noch Weiße/r, nicht Homo noch Hetero, nicht Mann noch Frau; denn Ihr seid alle Kinder Gottes.“ Das Wort „Rasse“ hat da keinen Platz.