Wir leben aktuell in einer pandemischen Zeit – und der eine oder die andere Zeitgenoss/in irritiert mich doch sehr mit Äußerungen und Einschätzungen dazu:
Während die eine meint, den „Corona-Hype“ als Ablenkungsmanöver „der Politik“ von „unseren eigentlichen Problemen“ (ohne diese weiter zu identifizieren) entlarven zu können, pöbelt der andere auf Facebook, dass er zwar nicht in ein Konzert gehen darf, „die Politiker da oben“ aber gleichzeitig „tausende Flüchtlinge ins Land“ ließen. Diese Äußerungen könnte ich gegebenenfalls noch in die Schublade „kreativer Intelligenzgrad“ packen. Wenn dann aber andere, denen ich einen gewissen feststellbaren Grad an Intelligenz zutraue, dem Parlament unterstellt, es habe die „Corona-Krise“ ausgenutzt, um heimlich still und leise die Fernseh- und Rundfunkgebühren (auch bekannt unter „GEZ“) zu erhöhen, frage ich mich dann schon etwas resignierend, wo da der Verstand geblieben ist.
Bekanntermaßen kennt ein Virus keine Grenzen und macht auch nicht vor Kirchen- und Gemeinderäumen Halt. Dementsprechend müssen auch wir Christen und Christinnen entscheiden, ob wir Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen absagen oder wie wir Gottesdienste durch Nutzung von Medien zu den Gemeindegliedern bringen können. Und bitte: Es geht hier in keinster Weise um einen Staat-Kirchen-Konflikt bzw. um Fragen der Religionsfreiheit. Aussagen wie „wir lassen uns vom Staat einen Gottesdienst nicht verbieten“ sind da wenig zielführend.
Die Flucht in „christliche Séparées“ und Selbsterhebungen muten da ebenfalls seltsam an: Den „Anderen“ – also alle außerhalb der Gemeinde – zu unterstellen, dass ab jetzt das ungeschriebene Gesetz gelte, dass jede/r sich selbst der/die Nächste sei und nur „Wir“ in den Gemeinden uns umeinander kümmern können – solche Äußerungen tragen dann schon einen Hauch von Separatismus in sich…
Darf ich daran erinnern, dass Kirche immer Kirche FÜR die Welt sein muss und nicht „für sich allein“?
Nein, auch wir ChristInnen werden von der Möglichkeit einer Erkrankung nicht verschont – und wir können diese Möglichkeit auch nicht „wegbeten“. Wir sind nicht privilegiert. Oder vielleicht doch: Wenn ich das schier unglaubliche Angebot annehme, auf Gott zu vertrauen -Vorsicht, dies ist keine Garantie, dass alles gut wird, aber dieses Vertrauen ist in der Lage, mich durch unsichere Zeiten zu tragen.
Der evangelische Pfarrer Arno Pötzsch schrieb diverse Kirchenlieder, die er als „Notlieder der Kirche“ in einer Zeit geschrieben hatte, die ganz andere Schrecken mit sich brachte: 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, dichtete er folgende Zeilen:
„Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand, die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.
Es münden alle Pfade durch Schicksal, Tod und Schuld doch ein in Gottes Gnade trotz aller unsrer Not.
Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit“
(Mennonitisches Gesangbuch 371, Evangelisches Gesangbuch 533)
Also: Bitte nicht panisch in einer pandemischen Zeit werden – sondern sich vielleicht an das erinnern, was mensch unter Umständen in Taufunterweisung oder KonfirmandInnenunterricht auswendig lernen musste:
„Und ob ich schon wanderte im finstren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir, Dein Stecken und Stab trösten mich“ (aus Psalm 23).
In diesem Sinne: Und immer schön trittsicher bleiben!