Ich verstehe manchmal uns Menschen nicht. Und jetzt gerade auch mal wieder nicht – Stichwort „Corona-Virus“: Vermutlich 99% der geschätzten LeserInnen dieses Blogs können sofort etwas damit anfangen – das ist doch diese Epidemie aus China, die sich gerade weltweit ausbreitet. Nach aktueller Information gab es bisher 361 Tote innerhalb und einen Toten außerhalb Chinas (Philippinen). Um weltweite Paniken zu verhindern, hat laut „Tagesspiegel“ die WHO (Weltgesundheitsorganisation) durch Zusammenarbeit mit Google veranlasst, dass bei Suchanfragen zum Corona-Virus die Informationen der WHO als erstes Ergebnis angezeigt werden (klappt zumindest heute noch nicht im deutschsprachigen Raum…) anstatt weitverbreiteter Panikmacher-Seiten.

In Deutschland gab es in der „Grippesaison“ 2017/18 ca. 25.100 Grippetote. Im ersten Quartal 2019 waren es 275. Wenige kamen und kommen auf die Idee, deshalb mit einem Mundschutz auf die Straße zu gehen. In 13 Staaten Afrikas gibt es für 2020 bereits 2200 Ebolatote und 6000 Maserntote. In Deutschland wird die Masern-Impfpflicht von einigen heiß diskutiert und das Stichwort des Rechts auf Selbstbestimmung fällt in der einen oder anderen Debatte (Übrigens: Ich bin als Fünfjährige schwer an Masern erkrankt. Diese Erfahrung, die ich auch heute noch mühelos in meinem Gedächtnis abrufen kann, gehört nicht unbedingt zu den Erfahrungen, die m.E. jedes Menschenkind einmal selbst durchmachen sollte!…).

Die ersten Meldungen, die mit „Corona-Rassismus“ überschrieben werden, erscheinen in Tageszeitungen und sozialen Medien: Da flüchtet in Köln eine Mutter mit ihrer Tochter vor einem Mann mit „asiatischen Gesichtszügen“. ChinesInnen und Menschen, die als „asiatisch“ angesehen werden, wehren sich unter dem Hashtag #JeNeSuisPasUnVirus („Ich bin kein Virus“) gegen Diskriminierung im Alltag und in den sozialen Medien.

Ich kriege die Panik auf der einen Seite (Corona) und die Ignoranz auf der anderen Seite (Grippe in Deutschland, Ebola und Masern in einer afrikanischen Region) nicht zusammen.

Ist es bei Corona der „Pest-Effekt“ (es gibt noch keinen Impfstoff) und das „Sündenbock-Syndrom“ (die Asiaten sind schuld mit ihren merkwürdigen Essgewohnheiten)? Und was ist es dann bei Grippe, Ebola und Masern?

Ja, wir sind viel enger weltweit miteinander verbunden, sodass es Viren viel leichter haben als „früher“. Aber wieso ist „Corona“ in aller Munde – und die anderen Epidemien und Pandemien nicht?

In meiner Kindheit war es eine realistische Möglichkeit, an Kinderlähmung zu erkranken (bis es dann jedes Jahr zur Schluckimpfung ging), Scharlach und Diphterie gehörten noch nicht so lange nicht mehr zu den todbringenden Krankheiten. Fast kommt mir der Verdacht, dass GERADE wegen der wenigen „Bedrohungen“ in Deutschland die Besorgnis einer Ansteckung mit dem Corona-Virus so hoch ist – das erklärt aber weder die Ignoranz der Grippetoten im eigenen Land noch die der Ebola- und Maserntoten.

Was hat es also auf sich mit dem „zweierlei Gewicht und zweierlei Maß“ (siehe Sprüche 20,10)?

Ehrlich? Ich verstehe gerade mal wieder uns Menschen nicht …