Verschwommen ist es, das Foto von der Fahne an der Basilika in der niederrheinischen Wallfahrtsstadt Kevelaer. Dennoch ist ein Satz zu entziffern, der in vielen Sprachen aufgedruckt wurde: „Wohin geht’s?“. Erst wollte ich das vermeintlich missglückte Foto löschen, dann regte es mich zum Nachdenken an:
Wenn ich am Ende des Jahres Bilanz ziehe, liegen die vergangenen Monate klar vor meinem inneren Auge – mit allen Misserfolgen, Erfolgen, Schicksalsschlägen, Enttäuschungen, Verletzungen und wundervollen Momenten. Manchmal bin ich froh, dass das Jahr zu Ende ist, weil es anstrengend und neue Verletzungen gebracht hat. Und schaue guten Mutes auf das neue Jahr – mit all den neuen Plänen, Ideen, Hoffnungen, Erwartungen. Wichtig aber erscheint mir zu bedenken, dass bei aller vermeintlichen Planbarkeit das neue Jahr verschwommen vor mir liegt – erst am Ende werde ich erfahren haben, was es alles mit sich gebracht hat.
„Herr, wohin sollen wir gehen?“ steht am Ende der Fahne, ein Zitat aus dem Johannesevangelium (6,68). Nach der sogenannten Brotrede Jesu wenden sich viele AnhängerInnen Jesu von ihm ab – wahrscheinlich empfinden sie Jesu Worte als Zumutung. Jesus fragt die Zwölf daraufhin: „Wollt Ihr auch weggehen?“ Und Simon Petrus antwortet: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“
Alle Pläne, alle Hoffnungen, alle Ideen sind nichts, wenn ich nicht begreife, dass ich meine Leben nicht autonom führe und die Zügel nicht in der Hand habe. Deshalb möchte ich mit dem folgenden Liedtext durch das neue Jahr gehen:
„Stellst unsre Füße, Gott, auf weiten Raum und lässt den Himmel über uns aufgehen. Wir haben nichts als Erde in der Hand und sind doch Dir zum Bilde ausersehen.
Gibst unsern Leibern, Gott, das täglich Brot. Wir mühen uns, dass es aus Samen werde und essen es und sagen unsern Dank für Deine Frucht aus Himmel und aus Erde.
Sprichst in die Tiefe, Gott, mit Deinem Wort, dorthin, wo Ängste sind und wir nicht sehen. Und hoffst für uns und wirst für uns zum Weg auf dem wir sehn und gehn und auferstehen.“ (Lothar Petzold)